„Alte Sorten“

V. Ewald Arenz, erschienen im Dumont BuchVerlag

Ein leiser, bezaubernder Roman

Ich hatte das Buch schon relativ lange auf meinem SUB liegen, und wie das manchmal so ist, gab ich anderen Büchern den Vorrang. Dies war, das muss ich hier nun zugeben, ein grober Fehler. Man sollte doch seinem Bauchgefühl folgen, denn mich hat das Buch auf eine ganz wunderbare Reise mitgenommen. 

Der Einband kommt ansprechend schlicht aber keineswegs langweilig daher. Es sind Birnen auf dem Cover und es geht schließlich auch um „alte Sorten“. Zunächst dachte ich mir, na ja, ein Buch mit nur 200 Seiten über „olle Birnen“? Weit gefehlt. 

Ewald Arenz nimmt mich mit auf den Hof von Liss. Eine ältere, fast schon schrullige, etwas seltsam anmutende, aber eine wie ich finde, faszinierende Frau, die mir ob ihrer Schweigsamkeit sehr gut gefällt; arbeitet von Früh bis spät auf ihrem Hof, dem Kartoffelacker, im Weinberg und versorgt ihre Hühner. 

Eines Tages wird die scheinbare Idylle gestört durch Sally, einer Teenagerin, die von Liss auf dem Heimweg aufgesammelt wird und Liss gewährt ihr Unterschlupf ohne zu fragen, woher sie kommt, wer sie ist oder warum sie jetzt da ist.

Liss fragt nicht viel, Sally sagt nicht viel und doch kommunizieren beide durch ihre Schweigsamkeit. Diese Art der Kommunikation fand ich großartig beschrieben. Mir gefällt die Ruhe zwischen den beiden obwohl ein Gefühlsgewitter heranzunahen scheint und Sallys Gedankengänge und Selbstgespräche, in denen sie versucht, sich ein Bild von Liss zu machen sind so einfühlsam, wie gewaltig zugleich beschrieben. Und ebenso macht Liss sich Gedanken über Sally. Aber beide sind nie aufdringlich und nötigen die andere nicht, ihre Fragen zu beantworten oder sich zu öffnen.

Sallys Gedankengänge sind zum Teil brachial und in einem derben Jargon, der aber nie störend wirkt oder anstößig. Sie ist ein Teenager, allein gelassen, unverstanden mit ihren Problemen, Sorgen und Nöten.

Im Verlauf der Geschichte verknüpfen sich die Geschichten der beiden Protagonistinnen wie Fäden immer weiter und es entsteht langsam eine Art Netz, eine Verknüpfung, die scheinbar unsichtbar beide aneinander bindet. Es gedeiht so etwas wie eine Freundschaft, die jedoch auf die Probe gestellt wird. 

Viel mehr möchte ich über die Geschichte nicht schreiben, da ich nicht mehr verraten möchte. 

Der Roman ist leise, mäandert durch die extrem fühlbare, spürbare Landschaft, den Kartoffelacker, den Weinberg, nie langweilig und doch so gewaltig groß, dass es eine wahre Freude ist ihn zu lesen. 

Ein Buch über Vertrauen, Ängste, Freundschaft und das alles in einer Landschaft, welche so bezaubernd beschrieben ist, dass ich die Landschaft stets sehen, den Duft der Birnen riechen und den Wind auf meiner Haut fühlen konnte. 

Ich bin begeistert von dem Buch und werde es sicherlich nicht zum letzten Mal gelesen haben. Eine ganz klare Leseempfehlung und mein Lese-Highlight in 2020.

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