Von Thomas Hettche, erschienen im Verlag Kiepenheuer & Witsch
Poetisch schön erzählt

Ich habe mich sehr auf das Buch gefreut, da ich – weiß ich es noch ganz genau- als kleiner Bub immer voller Vorfreude vor dem Fernseher saß, wenn sich die Augsburger Puppenkiste ankündigte. Das Fernsehprogramm lief ja damals noch nicht rund um die Uhr, und so war es für mich immer ein Highlight, wenn ich die Augsburger Puppenkiste anschauen durfte.
Das Buch ist sehr schön gestaltet und ist zweifarbig geschrieben. Auch die Zeichnungen im Buch sind künstlerisch schön und ansprechend, sodass es eine Freude für mich war, beim Lesen diese betrachten zu können.
Die beiden Farben, mit denen die Geschichte geschrieben ist, zeigen mir gleich, dass die Geschichte in zwei Ebenen spielt. Zum einen spielt der Roman im Hier und Jetzt (rot geschrieben) und dann erzählt uns der Autor die Geschichte von Hannelore Marschall, genannt „Hatü“ in blauer Schrift.
Bei keinem Buch ist mir die Rezension so schwer gefallen, wie bei diesem. Meine Erwartungen waren wohl……ja was eigentlich? Zu hoch, oder was genau habe ich denn erwartet? Ich kann es nicht sagen. Deswegen bin ich zwar auf der einen Seite etwas enttäuscht, oder besser eher überrascht, wenngleich das Buch mit Lobeshymnen überschüttet wird, u. a. von Dennis Scheck. Aber andererseits macht das Buch etwas mit mir. Irgendetwas ist mit mir geschehen, während ich es gelesen habe, etwas, was mir gut getan hat. Ich bin glücklich, weil ich wieder Kind bin.
Die Geschichte ist schnell erzählt. Ein kleines Mädchen, dessen Namen wir nicht erfahren, verirrt sich auf den dunklen, scheinbar schier unendlichen Dachboden der Augsburger Puppenkiste und trifft dort zunächst auf „Hatü“ und auch auf die, mir aus Kindertagen so lieb gewonnenen Marionetten, wie das Urmel, den kleinen König Kalle Wirsch oder Jim Knopf.
Auch auf den Kasperl trifft das Mädchen, der zunächst als extrem boshaft dargestellt wird, was ich so nicht verstanden habe. Auch was das IPhone des Mädchens in der Geschichte zu tun hat, erschließt sich mir auch bis zum Ende des Buches nicht.
Was mir aber sehr gut gefällt ist, dass ich nun die Geschichte der Augsburger Puppenkiste erfahre. Wie alles anfing, in einer Zeit, in der der zweite Weltkrieg das Leben der Menschen fest im Griff hatte und auch darüber, wie das NS-Regime das Leben der Menschen beeinflusst hat. Wie aus der Not heraus und aus einer vielleicht daher gesagten Idee etwas wirklich schönes wurde. Die Augsburger Puppenkiste.
Auch hatte ich zwischendurch die Befürchtung, dass sich der Autor zu einem kitschigen Erzählstil hinreißen lassen könnte/ würde, was aber überhaupt nicht der Fall ist. Thomas Hettche gelingt hier eine Gratwanderung aus einer historischen Geschichte und einer Familiengeschichte gepaart mit einer Erzählung über die wohl bedeutendste Sendung der Nachkriegszeit im Deutschen Fernsehen, der Augsburger Puppenkiste. Und dies meistert Thomas Hettche wirklich bravurös und es ist eine Freude, das Buch zu lesen.
Aber mit dem Schreibstil hatte ich dennoch so meine Auseinandersetzungen, da er mir zum Teil zu langatmig erschien, mich müde gemacht hat.
Die Charaktere im Buch, und da meine ich nicht die Marionetten, denn die sind für mich absolut Klasse, gefallen mir gut, allerdings hätte ich gern auch mehr über das Mädchen auf dem Dachboden erfahren. Die scheinbar kettenrauchende Hatü dagegen erzählt dem Mädchen ihre Geschichte sehr gut. Wie sie ihre Kindheit verbracht hat, den Vater in den Krieg ziehen lassen musste und wie sie dann nach dessen Rückkehr die Augsburger Puppenkiste als Familienunternehmen gemeinsam aufbauen, wie sie die Marionettenköpfe schnitzt, sich verliebt, und erwachsen wird.
Auch wie die junge Hannelore Marschall den Krieg und das Naziregime erlebt, und Menschen plötzlich am nächsten Tag verschwunden sind, wird deutlich. Ja man könnte streiten, ob dies in einem Buch über die Augsburger Puppenkiste notwendig ist, aber da es ein Teil unser aller Geschichte ist, finde ich es völlig in Ordnung wie und auch in welchem Umfang darüber geschrieben wird.
Unterm Strich lässt mich das Buch zweigeteilt zurück.
Ich werde Dank meiner, aus Kindheitstagen lieb gewonnenen Wegbegleiter, wie Jim Knopf, das Urmel, oder Kalle Wirsch, wieder in die Kindheit zurück gebracht, was viele Erinnerungen in mir geweckt hat und mich an viele Situationen als kleiner Bub erinnert hat, was mir wirklich gut getan hat. Andererseits bin ich etwas vom Schreibstil ermattet, der sich für mich teilweise schwierig dargestellt hat und zwischendurch ermüdend gewesen ist.
Es ist für mich persönlich dennoch ein lesenswertes Buch mit kleinen Schwächen, die mich aber nicht wirklich stören.
Wie ich ja oben schon beschrieben hatte, ist mir keine Rezension bisher so schwer gefallen, wie diese hier.
Schön, dass ich meine Wegbegleiter aus Kindertagen noch einmal so persönlich treffen durfte.
Das Urmel sagt: „Ich tomme mit! Oder „hatsi……tsuldigung“. Und schon habe ich das Bild vom Urmel mit seinem um den Hals hängenden Schnuller im Kopf. Herrlich.
Hatsi , tsuldigung……..wer muss da nicht schmunzeln, weil es das Kind in uns anspricht.